San Diego: Kirchenvisionen am Pazifik – und im Pick-up

Schüller mit Mike Crowley und Evi Quinn von Call to Action San Diego vor der "Conversation Hall", 31-07-2013

Schüller mit Mike Crowley und Evi Quinn von Call to Action San Diego vor der „Conversation Hall“, 31-07-2013

„Die ahmen das römische Weltreich nach“, bringt Mike, mein lokaler Betreuer in San Diego, seine Gedanken und Beobachtungen zum Thema „Kirche“ trocken und knapp auf den Punkt. „Ein Kaiser in Rom, und in den Provinzen Statthalter, die alles unter Kontrolle haben und den Zugriff auf die Ressourcen absichern müssen.“ Mike chauffiert mich gerade in seinem Pick-up für ein paar Stunden durch die Stadt. Ich sollte trotz der Kürze meines Aufenthaltes doch ein paar Eindrücke von hier mitnehmen. Das tut gut. Denn der Vortag war sehr dicht. Treffen mit Leiterinnen einer alternativen katholischen Gemeinde. Sie haben eine Ordinierung durch die Gemeinde entwickelt. Dann Interviews beim lokalen Radio und Fernsehen. Dann ein Gespräch mit Priestern. Und schließlich am Abend die Conversation in der First Unitarian Universalist Church Hall.

In dieser Conversation wiederum wird – wie in den anderen davor – das Ringen um eine Kirche als „communio“ spürbar, wie sie das II. Vatikanische Konzil vor Augen hatte. Diese Vision ist seither in vielen Gemeinden an der Basis Wirklichkeit geworden. „Communio“, die einlädt und nicht ausschließt. Die in der Feier der Eucharistie von Jesu Geist immer neu aufgebaut wird. Die sich nicht selbst genügt, sondern Kontakt zu denen „draussen“ sucht, Menschen in Not zu Hilfe kommen will und sich für deren Rechte einsetzt. Aber von „oben“ her wird ein anderes Bild spürbar – das des I. Vatikanischen Konzils im 19. Jahrhundert: nach dem Modell einer absolutistischen Monarchie von oben nach unten gedacht. Mit aller Macht oben bei der Hierarchie und so gut wie keiner unten. Und das nach wie vor, obwohl das II. Vatikanische Konzil vor mittlerweile 50 Jahren das Volk Gottes als „communio“ und das Amt des Papstes, der Bischöfe und der Priester als Dienst an diesem Volk wiederentdeckt hat.

Mike, mein Begleiter durch San Diego, hat auch Hoffnung. Die Vision des II. Vatikanischen Konzils von Kirche wird an der Basis der Kirche weiterhin gelebt. Und da sei auch „Pope Francis“, dessen Worte über die Kirche schon wieder mehr nach dieser Vision klingen würden, als wir das in den letzten Jahrzehnten hören konnten, meint Mike. „Well, let’s see…“

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10 Antworten zu San Diego: Kirchenvisionen am Pazifik – und im Pick-up

  1. bobbie flowers schreibt:

    I was in Portland yesterday and was filled with emotion I cannot articulate. As a lay woman who attempted to direct spiritual care departments in three Catholic hospitals for 11 years I was overrun by clergy and various religious communities. Having worked hard in CPE, receiving an MA in Clinical Pastoral Counseling and bringing years of corporate background, I simply could not/cannot believe the words I heard yesterday which gave me great hope as well as personal affirmation. There are actually others who believe as I. Amazing! Although I was saddened to hear the response after asking the question „you’ll be back here in November to inform us on October??“ but hopefully it lightened the other hearts in the audience.

    Thank you so much for your passion and energy toward a Vatican III and you can be assured of my prayers for you and the others who walk with you as well as full support in every possible way.

    Blessings & peace,

  2. Agnes Frei schreibt:

    Ich stimme Johann Amann zu, die Pfarrerinitiative habe erkannt, dass für die Veränderung der Gesellschaft das Herz und die Mitarbeit der Frauen von größter Wichtigkeit ist.
    Der Aussage, „die Jugend sei unsere Zukunft“, kann ich ebenfalls ohne Einschränkung zustimmen.
    Nun ist es aber Fakt, dass gerade junge Frauen, (sie sind nach wie vor diejenigen, die den Glauben an die nachfolgende Generation weitergeben) und dies gilt für Europa, wie auch für die USA, in nie dagewesener Form der katholischen Kirche den Rücken kehren. Die heutige Generation junger Frauen denkt nicht im Traum daran, sich von alten Männern fern ab jeder modernen Realität sagen zu lassen, wie sie zu leben, zu fühlen, zu glauben und zu denken haben: und das ist gut so!
    Es ist also keine Option, die Forderungen der Pfarrerinitiative in den Kirchenalltag zu integrieren, sondern schlichte Notwendigkeit!

    • Johann Amann (Leiter des Projektes "Volksuniversität Kiev") schreibt:

      Viele Forderungen und Praktiken der Pfarrer-Initiative können in den Kirchenalltag integriert werden – auch wenn es manchen „Traditionalisten“ nicht so gefällt. Auch im Bereich der Verkündigung gibt es für die Frau und den verheirateten Laien viele Möglichkeiten.

      Manche sagen: Die Eucharistie und Kommunion sind das Wichtigste – und deshalb braucht es die Ordination der Frau und verheirateter Laien. „Kommunion“, das ist die Begegnung und Vereinigung mit Gott und mit den Menschen. Dies soll nicht nur symbolisch geschehen, indem man eine Hostie zu sich nimmt und sich bei einer Eucharistiefeier die Hand gibt.

      Wir sollen uns in der Realität des Alltags die Hand reichen und füreinander da sein. Und dazu braucht es überhaupt keine „Ordination“ durch eine kirchliche Institution, weil wir als Gläubige von Jesus dazu berufen sind. Oder ist es nicht so?…Ist das nicht das moderne und neue Verständnis von Glaube und Kirche – so wie es auch Papst Franziskus vorlebt?…

      • Agnes Frei schreibt:

        Das ist es durchaus, viele Reformgruppen leben dies auch seit längerer Zeit. Es geschieht jedoch zu isoliert und was mich am meisten umtreibt, ist, dass es vor Ort und damit für alle Getauften abhängig ist vom jeweiligen Gemeindeleiter. Sprich es ist Glückssache, was für ein Pfarrer in meiner Gemeide das Sagen hat und eben nicht Kirchenbürgerinnnenrecht.

  3. Johann Amann (Leiter des Projektes "Volksuniversität Kiev") schreibt:

    DIE ANDERE KIRCHE

    Der gestern im österreichischen Fernsehen ausgestrahlte Bericht über den Besuch von Papst Franziskus beim Weltjugendtag hat auch das andere Bild der Kirche gezeigt.
    (http://tvthek.orf.at/programs/1366-Orientierung/episodes/6415487-Orientierung ).

    Die Jugend ist die Zukunft der Kirche und der Gesellschaft. Das Ziel der Kirche ist, die Gesellschaft zu verändern. Wichtig ist: ZU den Menschen zu gehen und zu überlegen, was man für sie tun kann, jeder/jede mit seinen/ihren Fähigkeiten – und dabei werden wir selbst zu Beschenkten. Es gibt schon viele Christen und Katholiken, die das tun – und Papst Franziskus tut es selbst und ermutigt eindringlich dazu!

    Die „Pfarrer-Initiative“ hat gesehen, dass für die Veränderung der Gesellschaft insbesondere das Herz und die Mitarbeit der Frauen von grösster Wichtigkeit ist. Sie sollte noch mehr überlegen, wie die Jugend dazu motiviert werden kann, sich für den Bau einer neuen Gesellschaft zu engagieren.

    Die Kirche – das sind nicht nur Amtspersonen, sondern alle Gläubigen – ist nicht Selbstzweck, sondern sie ist dazu da, um die Gesellschaft im Sinne des Evangeliums zu verändern. Das war das Ziel von Jesus vor 2000 Jahren – und muss es auch heute sein. Dazu ist jeder Gläubige und „Laie“ aufgerufen – Jesus und auch Franz von Assisi waren auch „Laien“! Und auch Papst Franziskus hat das Herz eines „Laien“, der die Not und die Sehnsüchte der Menschen kennt.

  4. Ulrike schreibt:

    …..mache mir echt Sorgen um die jungen Menschen – Frauen und Männer- sie suchen gerade in schwierigen Zeiten Halt und Sinn im Leben! Was tut die kath.Kirche?
    Lässt die Schäfchen im Regen stehen und treibt die Menschen in alle möglichen Glaubens- Esoterik-Sektenähnliche „Glaubensgemeinschaften“! Mehr denn je wird nach spiritueller Gemeinschaft gesucht und leider nicht gefunden! Es gibt kaum ehrliche Seelsorgerinnen!
    Meistens haben wir in Österreich Priester aus ärmeren Ländern ( die ja von der Not , unseren Wohlstandsdepressionen u Nöten nix verstehen) sie predigen für wenige ältere Frauen, aber wirklich einen Draht haben sie nicht zu unseren jungen Menschen! Denn, sie sehen leider den Hunger der Seelen nicht. Geschweige verstehen!!!
    Wünsche mir dringend, dass Frauen auch ins Priesteramt dürfen und endlich gleichgestellt werden mit den Männern! Da wäre unser PriesterInnenmangel endlich vorbei und die Kath. Kirche wäre reicher!
    Auf was wird gewartet?

  5. Johann Amann (Leiter des Projektes "Volksuniversität Kiev") schreibt:

    “DIE AHMEN DAS RÖMISCHE WELTREICH NACH” – dazu ein kurzer Exkurs in die Geschichte:

    Nachdem nach der Zeit der Christenverfolgung das Christentum unter Kaiser Konstantin im Römischen Reich geduldet wurde („Mailänder Toleranzedikt“ im Jahre 313 n. Chr.) wurde es unter Kaiser Theodosius im Jahre 392 zur Staatsreligion erklärt. Nach der Teilung des Römischen Reiches und dem Untergang des Weströmischen Reichs (476 n. Chr.), breitete sich das Christentum vor allem unter den germanischen Stämmen rasch aus.

    Als Karl der Grosse im Jahre 800 von Papst Leo III. zum Kaiser gekrönt wurde, war damit die Idee der Erneuerung des Römischen Reiches mit dem christlichen Glauben als Religion verbunden (deshalb die Bezeichnung „Heiliges Römisches Reich“ – bzw. „Heiliges Römisches Reich Deutscher Nation“, als das ostfränkische Reich unter Otto I. eine führende Rolle in der Geschichte Westeuropas zu spielen begann).

    In späterer Zeit war es dann so, dass sich die Päpste nicht nur als geistliches, sondern auch als weltliches Oberhaupt verstanden und ihnen Macht und Prunk immer wichtiger wurde. Dies führte schliesslich unter Martin Luther und anderen Reformatoren zu einer Reformbewegung.

    Auch innerhalb der kath. Kirche ist es in der sogenannten „Gegenreformation“ zu einer Reformbewegung gekommen (Konzil von Trient), die durch das II. Vatikanische Konzil in eine neue Phase eingetreten ist – und die immer noch andauert und hoffentlich mutig weitergeführt wird!

  6. Margit Neubauer schreibt:

    „Es sieht so aus, dass sich die kath. Kirche neu organisieren muss und dass es eine „Katholische Kirchengemeinde NEU“ braucht! Wie kann und soll eine solche ausschauen?“
    „Das Wichtige ist einfach“, sagte jemand. Ich denke es klingt gut und hört sich an, wie die einfachen Botschaften Jesu. Was sicher dazugehört, ist ein Aufbrechen und Umdenken in die Richtung des wichtigsten Gebotes. Jesus wurde gefragt, was das wichtigste Gebot sei, und er hatte einfache Antworten, die alles beinhalten. Leider sind sie anscheinend so schwierig einzuhalten – eigenartiger Weise auch von jenen, die diese Botschaft verkünden – leider!
    Was steckt dahinter, oder wo liegen die Gründe dafür, warum die Pfarrerinitiative von manchen „Geschwistern“ als Nestbeschmutzer u.dergl. schlecht gemacht wird? Fragen wir uns: Was wird befürchtet? Was fürchtet man, zu verlieren, wenn die Vorschläge umgesetzt würden? (Weg vom Reichtum; hin zum Menschen; gleiche Würde für Männer UND Frauen;….)

  7. Silvia Brückner aus Deutschland schreibt:

    Dass die römisch – katholische Kirche nach dem Vorbild des römischen Imperiums strukturiert ist, stimmt.

    Nur hat die kirchliche Hierarchie bisher nicht realisiert, dass das römische Weltreich untergegangen ist, nicht zuletzt wegen seiner Dekadenz und des moralischen Verfalls …..

    Den moralischen Verfall können wir in unserer Kirche seit Jahren beobachten.

    Ich bin gespannt, wie es unter Papst Franziskus weitergehen wird.

    Die österreichische Pfarrerinitiative mit Pfarrer Schüller wird weiterkämpfen, da bin ich mir sicher.

    Wir brauchten viel mehr „Schüllers“, Priester mit Mut und Standfestigkeit, Seite an Seite mit dem Volk Gottes, für das sie berufen worden sind.

  8. Johann Amann (Leiter des Projektes "Volksuniversität Kiev") schreibt:

    Es ist auffallend, dass die Ideen der Pfarrer-Initiative vor allem auch bei nicht-katholischen christlichen Gemeinden und „alternativen“ katholischen Gemeinden auf grosses Echo stossen. Bei all diesen Gemeinden gibt es kein hierarchisches Leitungsprinzip wie in der „offiziellen“ kath. Kirche.

    Was sagt Jesus zum Thema Leitung? „Wer euer Leiter sein will, der sei euer Diener!“. Wer sich am meisten für das Wohl einer Gemeinschaft einsetzt, der wird zu einer „natürlichen Autorität“ – diesem Prinzip kann auch der Vatikan nicht widersprechen.

    Das bedeutet aber nicht, dass er oder sie zu einer Amtperson in der offiziellen Kirche werden muss. „Neuer Wein in neue Schläuche“ – das gilt wohl auch in diesem Fall! Es sieht so aus, dass sich die kath. Kirche neu organisieren muss und dass es eine „Katholische Kirchengemeinde NEU“ braucht! Wie kann und soll eine solche ausschauen?

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